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25 Jahre Tarifverbund Ortenau

 

Mit der Tarifgemeinschaft Ortenau war ein erster Schritt gemacht in eine Zukunft mit einheitlichen Tarifen und problemlosen Übergängen für die Fahrgäste von einem Verkehrsunternehmen zum nächsten. Geblieben ist von der Tarifgemeinschaft der Buchstabe "G" in "TGO" - im Dezember 1994 wurde daraus der Tarifverbund Ortenau GmbH. Er war der dritte Verbund (von derzeit 22) im Land Baden-Württemberg, aber dabei der erste im ländlichen Raum.

Erster zu sein wurde offensichtlich zum TGO-Motto. Der Verkehrsverbund Ortenau blieb nicht nur die Speerspitze bei der innovativen Entwicklung des Tarifsystems für den ÖPNV, die Anstrengungen um stetige Verbesserungen des Angebots, qualitativ und quantitativ, und der verantwortungsvolle Umgang mit Finanzmitteln - erkennbar immer wieder auch bei den eher moderaten Preissteigerungen der Beförderungstarife - führten zur Anerkennung von zwei Seiten: Die Zahl der Kunden wächst in jedem Jahr des Bestehens, die Zahl der Fahrgäste hat sich zwischen 1995 und 2013 etwas mehr als verdoppelt. Und seitdem das Land Baden-Württemberg die annähernd flächendeckende Verbundlandschaft bewertet, nimmt der Tarifverbund Ortenau immer einen Spitzenplatz ein - bereits mehrfach den ersten Platz - ein.

Zum 20. Jahr nach der Gründung reichte es "nur" zum 2. Platz unter allen Verbünden des Landes, aber auch das ist ein hervorragendes Ergebnis, ermittelt nach einem komplexen Bewertungsverfahrens durch das Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur Baden-Württemberg. Und es ist eine erfreuliche Belohnung für die Bemühungen aller Beteiligten. Ganz nebenbei sei erwähnt mit dem guten Abschneiden auch eine Finanzspritze (Sonderzuweisung) für den TGO verbunden ist. Der Rückblick bei den Feierlichkeiten zum 25-jährigen TGO-Jubiläum zeigte, dass der Verbund zwar zu den "Alten" im Land gehört, aber jung und dynamisch geblieben ist. Ein wesentlicher Schritt zur Steigerung der Attraktivität und Zugangserleichterung für die Fahrgäste war die Reduktion auf drei Tarifstufen - statt sieben bzw. acht. Diesem Thema ist ein besonderer Beitrag gewidmet: TGO 2017: Preisstufenreform
 

Geschichte: Tarifgemeinschaft als Grundlage eines ortenauweiten Verbunds

Nach ersten örtlichen Tarifgemeinschaften verschiedener Busunternehmen ab 1987 in Offenburg, Lahr, Kehl und Willstätt kann am 19. März 1991 eine wesentliche Hürde für die Einführung eines einheitlichen Nahverkehrstarif im Ortenaukreis genommen werden. Der Kreistag votiert einstimmig für die Schaffung der "TGO - Tarifgemeinschaft Ortenau", die am 1. September 1991 erstmals einen einheitlichen Zonen-Tarif für den ÖPNV im Ortenaukreis anbieten kann. Als wichtiger Baustein der wachsenden baden-württembergisch Tariflandschaft wird als Folgegesellschaft der Tarifgemeinschaft am 19. Dezember 1994 der Tarifverbund Ortenau GmbH gegründet. Die bereits eingeführte Abkürzung "TGO" bleibt dabei erhalten.

Nicht ohne Skepsis beobachtet: die ersten Schritte zum Tarifverbund

Der Lückenschluss zwischen den beiden erfolgreichen Verbünden nördlich und südlich der Ortenau, dem KVV rund um Karlsruhe und dem RVF im Breisgau und Hochschwarzwald, ist schwierig. Ohne ein großstädtisches Zentrum, dagegen mit einem stark gegliederten und teilweise noch unzureichenden Verkehrsangebot in einem Flächenkreis mit relativ geringer Bevölkerungsdichte - die Rahmenbedingungen für den jungen Tarifverbund lassen eine anspruchsvolle Aufgabenstellung erahnen. Die ersten Jahre des jungen Verbunds sind geprägt von der Aufbruchstimmung durch die Regionalisierung des Nahverkehrs, aber auch von einigen Akzeptanzproblemen bei den Kunden. gelungene TGO-Werbung Noch ist die weit verbreitete BahnCard auch für Fahrten innerhalb des Verbundes gültig, das TGO-Tarifsystem ist noch nicht ausgefeilt und in den Übergangsbereichen zu den Nachbarverbünden entstehen erst Schritt für Schritt sinnvolle Übergangstarife. Immer wieder vergleichen die Fahrgäste Leistung und Kosten im TGO mit den billigsten Angeboten in anderen Verbünden und den reduzierten Tarifen der einzelnen Verkehrsunternehmen (BahnCard). Auch die Verknüpfungen des Angebots auf Schiene und Straße sind noch nicht optimiert.

Nach der Einführung der Übergangstarife an der nördlichen und südlichen Kreisgrenze gelingt 1997 ein ganz besonderer Coup. Ein Abkommen zwischen der Städtegemeinschaft Strasbourg und dem Ortenaukreis wird die Grundlage für einen gemeinsamen Tarif auch über die Staatsgrenzen hinweg. Hieraus kann die "Schlagkraft" eher kleinräumiger Tarifverbünde ersehen werden. EUROPASS In einem Großverbund - sagen wir mal ganz Südbaden als ein Verbund - wäre diese europäische Einigung mit sehr großer Wahrscheinlichkeit auch Jahre später noch nicht realisiert. Die gemeinsamen EUROPASS-Angebote von TGO und CUS hat der damalige TGO-Geschäftsführer Johannes Müller wiederholt als "gemeinsame Währung" schon vor dem EURO bezeichnet. Ihre Fortentwicklung hat ab Dezember 2004 zu einer EUROPASS-Verbundfahrkarte von Freudenstadt bis Strasbourg und im August 2005 zu einer gemeinsamen Monatskarte für die CUS Strasbourg und die gesamte Ortenau zu einem sehr attraktiven Preis geführt. Doch damit war die Entwicklung der grenzüberschreitenden Tarife noch nicht abgeschlossen. Es folgten noch die Einführung des EUROPASS-Mini, ein erweitertes Zeitkartenangebot und die im Internet und an Automaten erhältlichen Übergangsfahrscheine nach Strasbourg als Ergänzung z. B. zu den Baden-Württemberg-Tickets.

Wichtige Entwicklungen waren damit bereits eingeleitet, als die (oder der?) TGO 1998 zum Vollverbund wird. Im Binnennahverkehr gelten seither nur noch TGO-Fahrscheine. Ein Jahr darauf können sogar die im Zweistunden-Takt durch die Ortenau fahrenden InterRegio-Züge des Fernverkehrs zwischen Offenburg und Hornberg mit dem TGO-Ticket ohne Aufpreis benutzt werden. Leider wird diese beliebte Zuggattung schon kurz darauf nur noch in einem stark reduzierten Angebot gefahren. In ähnlicher Zeitlage fährt ab Dezember 2005 nur noch ein Zugpaar zwischen Hamburg und Konstanz - allerdings als InterCity und unter Ausschluss der TGO-Kunden. Das Problem wurde erst durch den Fahrplan 2015 gelöst: der IC aus/nach Hamburg entfällt zwischen Karlsruhe und Konstanz, aber DB REGIO füllt die enstehenden Lücken mit komfortablen Doppelstock-Zügen der Schwarzwaldbahn aus.

Konsequente Tarifentwicklung und ansehnliche Erfolgsbilanz

gelungene TGO-Werbung aus der Anfangszeit Das "Tarifgewebe" wird im Spannungsfeld zwischen Einnahmen und Ausgaben ständig angepasst. Nicht immer geht das reibungslos vonstatten. die Fantastischen Fünf Die Rück- nahme der Ermäßigung für Kinder bei der Punktekarte ist ein Beispiel dafür. Sehr erfolgreich wird dagegen im beginnenden neuen Jahrhundert durch verschiedene Aktionen der TGO-Tarif mittels attraktiver "Zusatznutzen" aus der Kritik geholt. Zu nennen sind hier besonders die Testläufe der netzweiten Gültigkeit von Zeitkarten am Wochenende und die Mitnahme eines Erwachsenen und Kindern ebenfalls am Wochenende. Bei Schülermonatskarten werden sogar verbundübergreifende Fahrmöglichkeiten geschaffen, geschickt beworben mit "FANTA5" (die Fantastischen Fünf). In fünf Verbünden im Südwesten gilt die Schülermonatskarte ab 14 Uhr, am Wochenende und in den Ferien ganztägig als Netzkarte des Nahverkehrs.

Nachdem sich im Testlauf nicht etwa Einnahmeausfälle, sondern im Gegenteil eine Steigerung der Verkaufszahlen zeigten, wird der genannte "Zusatznutzen" der Zeitkarten als fester Tarifbestandteil übernommen. Neben den familienfreundlichen Mitnahmeregelungen kann, unter wesentlicher Mitwirkung der TGO-Verantwortlichen, das Projekt KONUS zum 1. Januar 2005 realisiert werden. Feriengäste der Gemeinden, die sich an KONUS beteiligen, können mit ihrer Gästkarte den Nahverkehr in den Verbünden RVF, RVL, TGO, VSB, VVR und WTV kostenlos nutzen (Kostenlose Nutzung des ÖPNV für Schwarzwaldtouristen). Inzwischen wurde die Akzeptanz der Konus-Karten an den Rändern zusätzlich ausgeweitet.

gelungene TGO-Werbung aus der Anfangszeit Die Erfolgsbilanz nach den ersten 10 Jahren TGO lässt sich sehen: Auf dem 1 492 km langen Nah- verkehrsnetz des Tarifverbunds sind werktäglich etwa 85 000 Personen unterwegs - etwa 35% mehr als 10 Jahren zuvor. Der modal split weist damit einen, vor zehn Jahren noch kaum für möglich gehaltenen, ÖPNV-­Anteil von 20% im Ortenau­kreis auf. Die zu(g)künftige Planungen und bereits eingeleitete Entwicklung (z. B. die Modernisierung der Fahrzeuge auf der Schwarzwaldbahn, der vorgesehen Stundentakt nach Strasbourg und die bereits realisierte umsteigefreie Verbindung von und nach Freudenstadt durch die OSB) lassen für das zweite Jahrzehnt des TGO auf eine weitere Steigerung der Fahrgastzahlen hoffen.

Mehr Fahrgäste als Antwort auf Zuschusskürzungen?

Und diese zusätzlichen Fahrgäste werden auch dringend benötigt. Mehreinahmen durch zusätzlich verkaufte Fahrkarten sind das wichtigste Standbein, um das hohe Niveau des ÖPNV-Angebots über die nächste Zeit retten zu können. Die Sparmaßnahmen bei den Verkehrs- unternehmen können nicht allein den Rückgang der Zuwendungen durch das Land (und indirekt auch über Regionalisierungsmittel und Investitionshilfen, des Bundes) ausgleichen. Die Steigerungen der Fahrpreise sind in den beiden letzten "Tarif-Runden" gelungene TGO-Werbung aus der Anfangszeit deutlich höher ausgefallen, als in den Jahren davor. Die Parallelen zu den Treibstoffpreisen sind nicht von der Hand zu weisen, andererseits erleben die Zahler keine adäquaten Erhöhungen des Haushaltseinkommens. Bei den Fahrpreisen sind Schmerzgrenzen schnell erreicht. Erkennbar ist dies an den differenzierten Steigerungsraten. Bei Fahrkarten für "Abhängige" - Schüler und Pendler - liegt die prozentuale Fahrpreiserhöhung teilweise erkennbar über derjenigen der Freizeitangebote.

Die lustige Werbung aus den TGO-Anfangsjahren, die in den Text eingesteut wurden, können nicht darüber hinwegtäuschen, das eine große Aufgabe vor allen am ÖPNV-Angebot Beteiligten liegt. Aber andererseits kann der Ortenauer Tarifverbund die Probleme gelassener angehen, als dies andernorts im Land der Fall ist. Hier wurden wichtige Hausaufgaben bereits gemacht, der Verbund ist gut aufgestellt und das Angebot rund um den Nahverkehr stimmt. An (fast) allen wichtigen Haltestellen stehen Fahrkarten-Automaten, die neben TGO-Tickets auch alle wichtigen Tarif-Informationen zur Verfügung stellen. Die Fahrplan-Information wurde in Zusammenarbeit mit den Verkehrsunternehmen vereinheitlicht und die Gestaltung der übrigen Fahrgastinformation kann als sehr gelungen bezeichnet werden.

Und die Fahrgäste honorieren die Bemühungen auch weiterhin. In der zweiten TGO-Dekade nimmt die Öffentlichkeit, durch die örtliche Presse überwiegend zutreffend informiert, eine verantwortungsvolle Zurückhaltung bei Fahrpreisanpassungen wahr. Der Vergleich mit Nachbarverbünden verdeutlicht diesen Eindruck besonders gut. Die nackten Zahlen der Fahrgaststatistik zeigen schon auf den ersten Blick, dass es beim ÖPNV im Ortenaukreis stetig bergauf geht. Die Steigerungsraten variieren von Jahr zu Jahr - 2013, dem letzten abgeschlossenen Kalenderjahr vor dem 20-jährigen Jubiläum, wuchsen die Fahrgastzahlen nur um 1,1% (etwa so viel wie im Wirtschaftskrisen-Jahr 2009), aber auch dieser Wert übersteigt noch den Bundesdurchschnitt (0,8% gemäß dem Statistischen Bundesamt).

Stefan Preuss, der neue TGO-Geschäftsführer, wird sich auch in den nächsten Jahren nicht langweilen. Erfolg ist schön, den guten Stand aber trotz aller Widrigkeiten, die eher zu- statt abnehmen, zu halten ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Neben dem finanziellen Balanceakt warten weitere Aufgaben auf adäquate Lösungen. Gemeinsam mit dem Eurodistrikt müssen Fahrprobleme für aus Frankreich einpendelnde Auszubildende, von der Industrie und besonders dem Handwerk in Deutschland heftig umworben, gelöst werden. Gemeinsam zwischen Landkreis und den Busunternehmen müssen die neuen Schülerströme durch die Veränderungen des Bildungsangebots bewältigt werden, was durchaus nicht nur ein logistisches, sondern auch tarifliche Probleme nach sich ziehen kann, wenn die Einnahmen- und Ausgabenbilanz betrachtet wird. Und ... es gibt beliebig viel tun.

Vor zehn Jahren hatte ich geschrieben: Für einen Zehnjährigen ist der Tarifverbund Ortenau also schon ganz schön erwachsen geworden - Glückwunsch! Nun, zum erwachsenen Zwanzigjährigen möchte ich sagen: Danke für das bisher Erreichte und ein gutes Händchen und die notwendige Portion Glück für die Zukünft, alles Gute wünscht der Chronist.

Tarifverbund: Automaten von DB und TGO im Ortenaukreis
Abstimmung am Automaten - hier können alle gewinnen

Am Bahnhof Oberkirch steht der Automat von DB und TGO - wie an fast allen Bahnhöfen und Haltepunkten im Ortenaukreis. In der Abendsonne wird der TGO ins richtige Licht gerückt. Und die Ortenauer können an all den Automaten über die Zukunft abstimmen - zum Vorteil der Menschen und der Umwelt. Auf die Wahlbeteiligung kommt es an!

 
 
 
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